Liebe Autorinnen und Autoren,
... wenn der serbische Autor David Albahari (Heute ist Mittwoch) die Arbeit des Schriftstellers aus einer entspannten Position heraus beschreibt: „Sobald er merkt, dass das kleine Licht in ihm angegangen ist, beginnt der Schriftsteller zu schreiben. Er schreibt schnell, denn er weiß nicht, wie lange das kleine Licht brennen wird ...“ (weiter im Tieger-Blog)
Nach dem Ursprung, dem Auslöser zum Schreiben, hat sich Patricia Highsmith gefragt: „Entspricht nicht alles Schreiben irgendeiner Art von Groll?“ Sie hat 18 Tagebücher und 38 Notizbücher hinterlassen, die ihr als Grundlage für ihr Schreiben dienten. Denn Tagebuch- und Notizbuchzeit ist für Schriftsteller immer: Ich lese gerade das Tage- und Arbeitsbuch Fleckenverlauf (Luchterhand) von Terézia Mora und bin fasziniert von ihrer Aufrichtigkeit sich selbst gegenüber. Der Leser darf an den Widerständen des Alltags wie an intellektuellen Zweifeln und finanziellen Überlegungen teilhaben. Ich würde dieses Buch jedem empfehlen, der ernsthaft daran denkt, vom Schreiben zu leben.
"True Crime ist ja die Blaupause dessen, was wir als Schriftsteller verwerten", sagt Elisabeth Herrmann. Hier ein Beispiel dafür wie die Realität die Fiktion überholt: In einem irischen Post Office in Carlow erscheint ein Mann , der für einen Senior die Rente abholen will. Er wird aber weggeschickt mit dem Hinweis, dass man nur auszahlen könne, wenn der Rentner persönlich erscheine. Kurz darauf kommen zwei Männer in die Poststelle mit einem Alten in ihrer Mitte. Sie haben ihn untergehakt, müssen ihn stützen und möchten nun, dass seine Rente ausgezahlt wird. Als die Postlerin verlangt, dass der Mann vorher unterschreibt, lassen seine beiden Begleiter den Alten fallen und flüchten – ohne seine Rente. Nur der tote Rentner blieb.
Ein überraschendes Ende, aber wie einen Roman anfangen?, das erklärt Lukas Bärfuss: "Der erste Satz eines Romans ist wie eine Schleuse. Er definiert, was noch kommt: die Geschichte, die Atmosphäre, die Stimme des Erzählers und seine Haltung. Das ist schon ein brutaler Moment der Wahrheit."
Bitte um Worte: „Herr, schenk mir die kraft und die geschicklichkeit jener, die /Lange vielästige sätze bauen, geräumig wie eichen /Wie ein riesiges tal, auf dass darin welten platz hätten, schatten /Der welten, welten aus traum“ (aus: „Brevier“ von Zbigniew Herbert).
Ich wünsche Ihnen allen in dieser Zeit die innere Kraft, die Ihre Seele und Schreibkraft bewahrt und starke Worte wachsen lässt.
Ihre Gerhild Tieger