Serhij Zhadan: Zum Schreiben zurückfinden

Der Suhrkamp Verlag hat von dem ukrainischen Schriftsteller im Frühjahr einen neuen Erzählband mit dem Titel "Keiner wird um etwas bitten" herausgebracht. Die Geschichten  entstanden nachdem Serhij Zhadan durch Kriegserlebnisse eine Schreibblockade hatte.

"Sprache hat immer etwas mit Glauben zu tun. Damit meine ich nicht den religiösen Aspekt, sondern die Fähigkeit, das Licht zu sehen selbst inmitten völliger Dunkelheit. Die Sprache hat sich tatsächlich als stärker erwiesen als Stress, Angst und Verzweiflung. Sie ist wie Gras, das sogar auf einer Brandstätte wächst. Für mich war es wichtig, meine Gefühle vom Beginn der Invasion an festzuhalten. Literatur konnte ich anfangs nicht schreiben - dazu fehlte mir der Atem. Aber ich habe versucht, jeden Tag meine Gedanken zu notieren. Das war eine Art Therapie, die Dinge beim Namen zu nennen, der g und der Hoffnung eine Form zu geben, auszusprechen, was ich vorher so nicht kannte. Dann kamen die Gedichte und die Prosa zurück. Jetzt versuche ich, wann immer ich die Möglichkeit habe, zu schreiben, weil es mich ins Gleichgewicht bringt und mir das Gefühl gibt, eine eigene Kraft zu spüren. Sprache hat immer etwas mit dem Überwinden von Angst und Mühsal zu tun.

aus: "Die Sprache ist stärker als die Angst" von Sandra Kegel - Frankfurter Allgemeine Zeitung 22.3.2025