Harald Martenstein: Ist Romaninterpretation nötig?

Als Autor von Kolumnen in der Zeit und als Redakteur beim Tagesspiegel hat der Satiriker den besten Draht zu aktuellen Themen, die uns als Bürger interessieren, aufregen und sogar schmerzen können. Die Kolumne, der dieses Zitat entnommen ist, ist überschrieben mit "Houellebecq".

"Man muss leider zugeben, dass Bücher von moralisch indifferenten, menschlich schwierigen oder sogar gestörten Autoren manchmal interessanter sind als die Romane grundanständiger, freundlicher Menschen, mit denen man gerne einen Kaffee trinkt. Es wird in den Romanen auch nicht immer klar, wie die Autoren es meinen. Von einem Leitartikel darf man verlangen, dass man hinterher genau weiß, wie der Autor die Dinge sieht, bei einem Roman ist dies nicht der Fall. Deshalb gibt es die "Romaninterpretation", während das Fach "Leitartikelinterpretation" unbekannt ist."

aus: "Nettsein ist auch keine Lösung". Einfache Geschichten aus einen schwierigen Land" von Harald Martenstein - Penguin Verlag