Joel Dicker: "Mein Plot ist, nicht zu plotten"

Meike Dannenberg hat den Schriftsteller Joel Dicker über die Arbeit an seinem dritten Roman "Das Verschwinden der Stephanie Mailer" befragt:

Erarbeiten Sie vorher einen Plot?

"Mein Plot ist, nicht zu plotten. Ich empfinde einen Plot als einengend, die Möglichkeiten dann limitiert. Wenn du den Plot zu dir kommen lässt, kannst du alles machen."

Wie arbeiten Sie an den Charakteren?

"Ich schreibe vorher keine Biografie oder Ähnliches, um einen Charakter zu kreieren. Es ist ein wenig wie wenn man jemanden in einer Bar trifft: Es gibt einen ersten Eindruck, aber später realisiert man, dass die Person nicht so ist wie man erwartet hat. Ich habe Figuren teils auf einem Klischee aufgebaut und dann Stück für Stück sieht man das ganze Bild. Wie sie in den Roman kommen, ist immer ein interessanter Prozess, denn sie existieren schon: Du fühlst sie und die Energie, die sie in die Geschichte bringen. Es ist ein wenig wie eine Geburt."

Sie wechseln zwischen zwei Zeitebenen, wie planen Sie das?

"... Ich habe das Buch exakt so geschrieben, wie Sie es lesen. Von vorne nach hinten und bin immer wieder dann in der Zeit zurückgegangen, wenn ich spürte, dass jetzt eine Erklärung notwendig ist. An einem bestimmten Punkt  muss man den Leser mit Informationen füttern. Ich weiß nicht genau, ob dieser Prozess bewusst ist oder einfach passiert, aber es ist eine Frage des Vertrauenens in sich selbst. In die Art, wie man die Geschichte erzählen möchte."

aus "Verwicklungen in den Hamtons" von Maike Dannenberg, BÜCHERMagazin 3/2019